2. Aktiv werden

Im zweiten Schritt können Sie gezielt ihre Risiken umfassend analysieren und finden hilfreiche Unterstützungsangebote, um diese zu minimieren und eine möglichst entwaldungsfreie Lieferkette zu erreichen.
Die Checkliste und die darunter liegenden Lösungsansätze führen Sie durch folgende Themen Ihrer wirksamen Riskoanalyse und -minderung:

>> Lieferkettenrückverfolgung

  • Kennen Sie die genaue Herkunft (Geolokalisierung) der von Ihnen bezogenen kritischen Rohstoffe?
  • Haben Sie Einblick in das Rückverfolgungssystem Ihrer Vorlieferanten? Sollten Sie indirekte Zulieferer haben: Führen die Vorlieferanten für ihren gesamten Bezug Sorgfaltspflichtmaßnahmen durch und kann sie Ihnen nachweisen?  

>> Risikorohstoffe und -regionen 

  • Wissen Sie welche Herkunftsländer/-regionen für Ihre bezogenen Rohstoffe mit einem hohen und welche mit einem niedrigen Entwaldungsrisiko im Zusammenhang stehen?  

>> Tools zur Entwaldungsrisikoanalyse 

  • Haben Sie hinreichend schlüssige Informationen darüber, dass die von Ihnen bezogene Ware entwaldungsfrei ist?

>> Weiterführende Angebote zur Einhaltung indigener Rechte und Legalität

  • Haben Sie hinreichend schlüssige Informationen darüber, ob die von Ihnen bezogene Ware mit den im Produktionsland vorgeschriebenen Gesetzen hergestellt worden ist?
  • Wissen Sie, ob im Herkunftsgebiet indigene Völker leben und wenn ja, wurden diese mittels FPIC konsultiert?
  • Haben Sie Kenntnis darüber, wie die allgemeine Lage im Herkunftsland ist (hinsichtlich Korruption, Wahrung internationaler Menschenrechte, Konflikte)?

>> Zertifizierungen

  • Falls Sie die genaue Herkunft Ihrer Rohstoffe nicht kennen: Nutzen Sie die Unterstützung anderer Angebote, z.B. Zertifizierungen, dabei, die Rohstoffherkunft einzuschränken oder zu ermitteln? 

>> Multi-Stakeholder-Initiativen

  • Nutzen Sie das Angebot von Multi-Stakeholder-Initiativen, um die Risikoanalyse und –behebung gemeinsam anzugehen?  

>> Weiterführende Toolkits und Handlungsempfehlungen 

  • Nutzen Sie bereits Tools, Handlungsleitfäden oder Rahmenwerke, welche Ihnen bei der Schaffung von Transparenz entlang der Lieferkette helfen? 

>> Unterstützung von Kleinproduzent*innen

  • Unterstützen Sie Ihre direkten Lieferanten dabei, die Vorgaben zur Entwaldungsfreiheit umzusetzen und diese Unterstützung auch weiterzugeben? Unterstützen Sie dabei insbesondere die Kleinproduzent*innen?

Checkliste

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Sie suchen Unterstützungsangebote für spezifische Rohstoffe?

Auf dieser Seite können Sie durch Auswahl der von Ihnen bezogenen Rohstoffe das elan! Informationsangebot auf die für Sie relevanten Inhalte einstellen.
Sollten Sie keine Auswahl treffen, werden Ihnen Informationen für alle genannten Rohstoffe zur Verfügung gestellt.

Sie sehen jetzt Informationen und Handlungsempfehlungen für folgende(n) Rohstoff(e):

Holz

Kaffee

Kakao

Palmöl

Rind

Soja

Wie die relevanten Informationen beschaffen, um Entwaldung sicher ausschließen zu können?

Lieferkettenrückverfolgung

Um sicherstellen zu können, dass keine Entwaldung zu Beginn der Lieferketten stattgefunden hat, müssen alle exakten Produktionsstandorte (sowie deren Entwicklung über die Zeit) bekannt sein. Je nach Unternehmensgröße, Länge und Verzweigung der Lieferketten und Erzeugerstruktur kann das herausfordernd sein.

Unternehmen mit kurzen Lieferketten können gegebenenfalls ihren Warenbezug ohne großen Aufwand bis zum Produktionsort rückverfolgen. Auch unter diesen Umständen ist es für die weitere Risikoanalyse hilfreich, die genauen Geokoordinaten zu erfragen. Zur Erfüllung der EUDR-Sorgfaltspflicht ist die Geolokalisierung zwingend erforderlich. 

In Fällen, in denen kein direkter Kontakt zu den Produzent*innen besteht, bietet das Handelsmodell Identity Preserved (IP) von strengen Zertifizierungen Rückverfolgbarkeit bis zum Produktionsort. Das bedeutet, dass die betreffende Ware von der Plantage bis zum Endprodukt von allen Akteuren physisch getrennt verarbeitet und weiterverkauft wird. Berücksichtigen Sie jedoch, dass Zertifizierungskosten gerade für Kleinproduzent*innen oft nicht zu bewältigen sind - es ist also wichtig, Zertifizierungen nicht zur Warenabnahmebedingung zu machen. 

Wo weder Direktbezug noch Identity Preserved gegeben sind, ist es für Unternehmen schwieriger die Lieferketten bis zum Produktionsort zurückzuverfolgen, aber keineswegs unmöglich. Das Unternehmen sollte in dem Fall Rücksprache mit seinen direkten Vorlieferanten halten und gezielt nach Herkunftsinformationen zu dem betreffenden Rohstoff fragen. Sind diese vorhanden und werden geteilt, kann das Unternehmen auf diese Weise den Produktionsort feststellen und die Sorgfaltsprüfung durchführen. Eine Möglichkeit zur Lieferkettenrückverfolgung und einen ersten Überblick über die Rohstoffherkünfte bietet das Tool von Trase, das auf dieser Seite unter Tools zur Risikoanalyse ausführlicher vorgestellt wird.

Verfügt der Vorlieferant nicht über die erforderlichen Herkunftsinformationen, ist die Bereitstellung dieser eine mögliche Bedingung für die Fortsetzung der Handelsbeziehung (und als solche an die Vorlieferanten zu kommunizieren). 

 

Empfehlung

Die Anforderungen für entwaldungsfreie Lieferketten (inklusive Geolokalisierung) sollten schriftlich festgehalten und an bestehende und neue Vorlieferanten kommuniziert werden.

§ EUDR - Informationspflichten

Ein Kernelement der Informationspflichten gemäß Art. 9 sind die Geolokalisierungsdaten des/der Produktionsort/-e . Damit gemeint sind Breiten- und Längenkoordinaten mit mind. sechs Dezimalstellen. Mobile Endgeräte mit GPS-Funktion können diese Koordinaten vor Ort ermitteln. 

Wurde die Ware auf einem Grundstück angebaut, das vier Hektar oder kleiner ist, so reichen bereits jeweils ein Breiten- und Längengradwert, z.B. 52.516385, 13.377725. Wenn das Produktionsgrundstück größer als vier Hektar ist, so müssen (in Form eines Polygons) ausreichend Geokoordinaten angegeben werden, um den Umriss des Grundstücks zu beschreiben. Eine Ausnahme gilt für Rinderzeugnisse: hier reichen unabhängig von der Grundstückgröße zwei Geokoordinaten, jedoch müssen so alle Grundstücke angegeben werden, auf denen die Rinder gehalten wurden  (sofern sich der Standort im Laufe der Aufzucht geändert hat).

Die Sorgfaltserklärung muss zudem hinreichend schlüssige und überprüfbare Informationen darüber enthalten:

  • dass die betreffenden Produkte frei von Entwaldung sind;
  • dass die Erzeugung der betreffenden Waren im Einklang mit den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes erfolgt ist.

Welche Informationen insgesamt eingeholt werden müssen und welche Rechtsvorschriften gemeint sind finden Sie auf der EUDR-Unterseite.

Ist die genaue Herkunft der bezogenen Ware identifiziert, kann das Unternehmen sich der Risikoanalyse widmen. Auch bei der Risikoanalyse ist es sinnvoll, Vorlieferanten nach bereits durchgeführten Risikoanalysen anzufragen, auf dessen Grundlage dann die eigene Risikomatrix erstellt werden kann. Dabei ist es essenziell, dass ein Perspektivwechsel stattfindet: es geht um Risiken für die Ökosysteme und die lokale Bevölkerung, insbesondere indigene Völker und traditionelle Gemeinschaften, deren Lebensgrundlagen vom Erhalt der Ökosysteme abhängen.

Eine Zusammenfassung zu möglichen Risiken, die ausgeschlossen werden sollen, bieten die auf dieser Seite downloadbaren Rohstoff-Factsheets. Neben den Entwaldungs- und Walddegradierungsrisiken spielt dabei auch die Einhaltung von Landrechten indigener Völker und lokaler Gemeinschaften am Produktionsort eine zentrale Rolle – und ist eine Voraussetzung der EUDR.

Ein erster wichtiger Schritt ist die Erstellung einer groben Übersicht über Waldvorkommen im Produktionsgebiet. Dafür geeignet sind Waldmonitoringtools, die auf dieser Seite vorgestellt werden. Mit ihnen ist auch erkennbar, wie stark das Produktionsgebiet von Entwaldung eventuell in der Vergangenheit betroffen war oder möglicherweise noch ist.

Bestätigen zu können, ob die Ware im Einklang mit den im Produktionsland geltenden Gesetzen erzeugt worden ist, kann aufwändig sein. Das betrifft auch die Einhaltung von Menschenrechten, die Überprüfung ob indigene Völker im Produktionsgebiet leben oder gelebt haben und Landrechte eingehalten wurden, bzw. ob indigene Völker mittels freier, vorheriger und informierter Zustimmung (FPIC) konsultiert worden sind.

Zumeist lässt man sich die Einhaltung der Gesetze per Unterschrift von den Vorlieferanten und/oder Produzent*innen versichern. Doch prinzipiell ist es wichtig, selbst einen Überblick über die Risiken des Herstellungslands zu gewinnen, auch um die Glaubwürdigkeit der Informationsquelle(n), inklusive Risiken der Korruption, Dokumentenfälschung und genereller Rechtsdurchsetzung besser einschätzen zu können. Gute Kenntnisse über die im Land geltenden Gesetze aufzubauen, erfordert viel Recherche. Zahlreiche weiter unten aufgelistete Quellen bieten dafür weiterführende Informationen und Hilfestellung.

Unterstützungsangebote finden sich oft auch bei Multi-Stakeholder-Initiativen, diese können entweder rohstoffübergreifend oder -spezifisch agieren. Auch Zertifizierungen können helfen, Risiken zu reduzieren, aber sie ersetzen keine Sorgfaltspflicht.

Eine regelmäßige Überprüfung (jährlicher Turnus, entsprechend EUDR) der Risikoanalyse stellt sicher, dass die Anforderungen dauerhaft eingehalten werden. Für den Fall, dass der Vorlieferant den Anforderungen nicht entsprechen kann oder ein nicht zu vernachlässigendes Risiko festgestellt wird, wäre es nötig, Risikominderungsmaßnahmen vorzunehmen, beispielsweise externe Audits durchführen zu lassen oder den Rohstoffbezug über den betreffenden Vorlieferanten geografisch auf ein Gebiet einzuschränken, für das die Informationen vorhanden sind. Die Lieferanten sollten dabei unterstützt werden, die Informationen bereitstellen zu können und auch entwaldungsfrei zu produzieren, insbesondere Kleinproduzent*innen.

 

Empfehlung

Der Aufbau dauerhafter Geschäftsbeziehungen ist der Schlüssel für Veränderungen. Der Abbruch einer Handelsbeziehung sollte immer erst der letzte Weg sein!

§ EUDR - Risikoanalyse

Bei der Risikoanalyse gemäß Art. 10  sind zahlreiche Kriterien zu beachten. Welche das sind und weitere Informationen finden Sie auf der EUDR-Unterseite.

Allen voran ist die Risikokategorie des Herkunftslandes gemäß Benchmarking (Art. 29) - diese entscheidet darüber, in welchem Umfang die Risikoanalyse durchgeführt werden muss. Die Einteilung der Länder in Risikokategorien wird von der EU-Kommission spätestens Ende 2024 bekanntgegeben, bis dahin gelten für alle Länder die Standard-Risikostufe, d.h. die volle Risikoanalyse muss stattfinden. 

Um Entwaldungsfreiheit sicherzustellen, müssen Vorkommen von Wald (bzw. Entwaldung) und indigenen Völkern im Produktionsgebiet bekannt sein. Es muss nachgewiesen werden, ob Konsultationen mittels freier, vorheriger und informierter Zustimmung durchgeführt worden sind. 

Risiken hinsichtlich der Glaubwürdigkeit der Informationsquellen (für die Erfüllung von Art. 9) müssen ausgeräumt werden. Mangelnde Rechtsdurchsetzung, Krisen, die politische Lage in der Region und begründete Bedenken Dritter fließen in die Bewertung mit ein. Auch die Komplexität der Lieferkette und damit einhergehend mögliche Umgehungs- und Vermischungsrisiken spielen eine Rolle.

Von externen Prüfinstanzen kontrollierte Zertifizierungen können die Risikoanalyse komplementieren (nicht ersetzen).

Laut Art. 15 der EUDR werden EU-Kommission und die Mitgliedsstaaten noch Leitlinien herausgeben, um Unternehmen, insbesondere KMU, bei der Umsetzung der Informationspflichten und Risikoanalyse zu unterstützen. Sobald diese verfügbar sind, werden sie im Portal veröffentlicht.

Nützliche Links - Rückverfolgbarkeit 


Risikorohstoffe und -regionen

Die Ausweitung landwirtschaftlicher Flächen ist der mit Abstand größte Entwaldungstreiber der Welt. Besonders gravierend ist das Problem in tropischen Regenwäldern. Die nähere Betrachtung zeigt, dass dabei nur wenige Rohstoffe den Großteil der Abholzung verursachen: Rinder, Palmöl, Holz, Soja, Kautschuk, Kaffee und Kakao. Doch wo genau findet Entwaldung statt und welche Rolle spielen die EU und Deutschland dabei?

Antworten auf diese und weitere Fragen liefern folgende Rohstoff-Factsheets:

 

Empfehlung

Die Wissenschaftler*innen Pendrill, Persson, Kastner und Wood liefern mit ihrer frei verfügbaren Publikation in Tabellenform (2022) einen umfassenden Datensatz zur tropischen Entwaldung, die in der Produktion, den Exporten, den Importen und dem Verbrauch von land- und forstwirtschaftlichen Rohstoffen enthalten ist. Hiermit können Unternehmen selbstständig eine Auswertung vornehmen.

Nützliche Links - Risikorohstoffe und -regionen

CommodityFootprints: Das interaktive Dashboard des Stockholm Environment Institute und des Joint Nature Conservation Committees veranschaulicht die mit dem Rohstoffverbrauch verbundenen Umweltauswirkungen, darunter auch die Entwaldung in den Tropenregionen sowie die dadurch verursachten Emissionen. Dabei beziehen sich die Entwickler auch auf die Daten von Pendrill et al. und trase


Tools zur Entwaldungsrisikoanalyse

Für Unternehmen ist die Kenntnis ihrer Lieferketten und deren Rückverfolgung bis zum Ort der Produktion essentieller Bestandteil einer Entwaldungsrisikoanalyse und grundlegend für das Ergreifen von Minderungsmaßnahmen.

Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher online verfügbarer Tools, die helfen, Entwaldungsrisiken zu identifizieren. Dabei reicht die Bandbreite vom hochspezialisierten Tool für einen bestimmten Rohstoff und/oder ein bestimmtes Herkunftsland bis zum niedrigschwelligen Angebot, das einen ersten schnellen Überblick über die Hotspots der globalen Entwaldung verschafft. Es umfasst Tools, die auf den Ursprung der Rohstoffe fokussieren bis zu solchen, die die gesamte Lieferkette im Blick haben. Unterschiedliche Tools für unterschiedliche Zwecke, die sich teilweise sogar kombinieren lassen, um das Entwaldungsrisiko noch genauer analysieren zu können.

Übersichtstabelle

Mit der herunterladbaren Tabelle können Sie sich einen ersten Überblick über die verschiedenen Tools verschaffen und sie anhand wesentlicher Kriterien miteinander vergleichen.

Die darauffolgenden Factsheets der einzelnen Tools geben Ihnen anschließend detailliert Auskunft über ihre Funktionen, Eigenschaften und Anwendungsmöglichkeiten. 

"Entwaldung in Lieferketten erfassen - Tools für Risikoanalyse und Monitoring"

 

Alle neun Tool-Factsheets können hier gesammelt heruntergeladen werden: Die Publikation "Entwaldung in Lieferketten erfassen - Tools für Risikoanalyse und Monitoring" von OroVerde und Global Nature Fund fasst die untersuchten Tools zusammen, und zeigt deren Stärken und mögliche Schwächen auf.

Zusätzlich werden anhand von Use Cases Anwendungs- und Kombinationsmöglichkeiten der Tools anschaulich präsentiert.  


Nützliche Links - Rohstoffspezifische Toolkits und Handlungsleitfäden

Nützliche Links - Indigene Völker, Landrechte und FPIC

  • World Database on Protected Areas: In der Karte des UN Entwicklungsprogramms sind indigene Gebiete teilweise registriert.
  • Genauere Informationen zu indigenen Gebieten erhält man bei indigenen Dachverbänden (national oder regional) oder lokal aktiven zivilgesellschaftlichen Organisationen. 
  • Guidance on Respecting the Rights of IPLC: Die Accountability Framework Initiative hat einen Leitfaden zur Einhaltung der Rechte indigener Völker und lokaler Gemeinschaften veröffentlicht. 
  • Handbuch zu FPIC: Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen FAO hat ein Handbuch herausgegeben, das das Prinzip der freien, vorherigen und informierten Zustimmung (FPIC) und dessen Anwendung erklärt.

Nützliche Links - Legalität

  • Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte: Ursprünglich für die Erfüllung des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes gedacht, bietet es mit dem KMU Kompass aber auch mit zahlreichen Publikationen Unterstützung u.a. zu nationalen und internationalen Rahmenwerken, insbesondere mit dem Schwerpunkte Menschenrechte.
  • CSR Risiko Check: Ein Tool von MVO und dem Helpdesk für Wirtschaft und Menschenrechte zur Einschätzung der lokalen Menschenrechtssituation sowie Umwelt-, Sozial- und Governancethemen. Mit dem Tool können individuelle Informationen zu relevanten Risiken sowie Hinweise zu entsprechenden Abhilfemaßnahmen bereitgestellt werden.
  • Infoportal Menschenrechtliche Sorgfalt: Das deutsche Portal des UN Global Compact bietet Unternehmen, insb. KMUs, Unterstützung bei der Konzeption und Weiterentwicklung ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltsprozesse.
  • Weiterhin geben die Außenhandelskammern der Länder sowie die einzelnen nationalen Rohstoffverbände zu den im Herkunftsland geltenden Gesetzen Auskunft.
  • Korruptionswahrnehmungsindex: Der Korruptionswahrnehmungsindex (Corruption Perceptions Index, CPI), unter der Führung von Transparency International, stellt eine Länderrangliste zur Wahrnehmung des Korruptionsniveaus im öffentlichen Sektor dar.
  • Konfliktbarometer: Das Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung veröffentlicht jährlich auf Karten und in einem Bericht die weltweiten Konfliktregionen. 
  • Sanktionen des UN-Sicherheitsrats: Die Liste der betroffenen Länder und Gruppierungen wird laufend aktualisiert. 
  • Sanktionen des EU-Rats: Die Weltkarte bietet eine Übersicht über die vom Rat verhängten Sanktionen.
  • Business & Human Rights Ressource Center: Es werden über 10.000 Unternehmen in über 180 Ländern beobachtet. Informationen zu deren Menschenrechtsbelangen sind auf der Plattform öffentlich zugänglich.

Die Rolle von Zertifizierungen bei der Beschaffung entwaldungsfreier Rohstoffe

Für die kritischen Rohstoffe, die mit Entwaldung zusammenhängen, gibt es mittlerweile nationale und internationale Zertifizierungssysteme. Ein Ziel dieser Siegel ist es, eine bessere Nachhaltigkeit von Anbau und Produktion zu gewährleisten – darunter auch die Zerstörung von besonders schützenswerten Gebieten auszuschließen.

Für Unternehmen sind daher Zertifizierungen eine wichtige Lösung, um Risikorohstoffe entwaldungsfrei zu beziehen. Das ist verständlich, da dieser Weg direkt, greifbar und vergleichsweise leicht zu bewerkstelligen ist. Die verschiedenen Zertifizierungssysteme garantieren jedoch unterschiedlich hohe Standards, was letzten Endes zu einer erheblichen Diskrepanz in der Aussagekraft von zertifiziertem Rohstoffbezug führt. Um Sicherheit zu haben, dass wirklich keine Entwaldung durch die importierten Rohstoffe verursacht wurde, ist es wichtig, bei der Auswahl der Zertifizierungen auf folgende Punkte zu achten:

  • Entwaldungsdefinition
    Manche Zertifizierungen schließen nur illegal entwaldete Flächen aus (Null illegale Entwaldung). Doch die Gesetze vieler Länder lassen Entwaldung noch großflächig zu. Nur das generelle Verbot von Entwaldung (Null Brutto Entwaldung) bietet daher Schutz für die natürliche Vegetation.
     
  • Cut-off Datum
    Ausschlaggebend ist auch ab wann bei der Zertifizierung ein Entwaldungsstopp gilt (Cut-off Datum). Je länger das in der Vergangenheit liegt, desto besser wird Entwaldung verhindert.
     
  • Weitere Ökosysteme
    Ebenfalls wichtig ist, dass weitere Ökosysteme, wie Savannen, Moore und Trockenwälder geschützt werden, die nicht unter die teilweise enge Walddefinition fallen.
     
  • Soziales
    Die Rechte indigener und traditioneller Völker, sowie lokaler Gemeinden müssen uneingeschränkt geachtet werden. Idealerweise wird dies erreicht durch Konsultation der betroffenen Völker mittels freier, vorheriger und informierter Zustimmung (Free, Prior and Informed Consent (FPIC)).
     
  • Rückverfolgung
    Essentiell bei zertifizierter Ware ist, ob die Herkunft physisch bis zum Produktionsort nachvollziehbar ist. Hier bieten strenge Zertifizierungen die Stufen Identity Preserved oder Segregated an. Eine Vermischung mit nicht rückverfolgbarer oder nicht zertifizierter Ware, wie es die Modelle Mass Balance oder Book & Claim anbieten, ermöglicht physisch die Einfuhr von mit Entwaldung behafteten Rohstoffen und ist daher nicht ausreichend für Unternehmen, die sich gegen Naturzerstörung aussprechen.
     
  • Auditierung
    Außerdem spielt die Auditierung der zertifizierten Betriebe eine große Rolle. Diese kann variieren von einem internen Selbstkontrollsystem (First-Party Audit) bis hin zu einer Konformitätsprüfung durch eine unabhängige dritte Partei (Third-Party Audit). Nur wenn auch Letztere Bestandteil der Zertifizierung ist, kann die Einhaltung der Zertifizierungsanforderungen glaubwürdig nachgewiesen werden.

 

Empfehlung

Die Kriterien der verschiedenen Zertifizierungen werden in regelmäßigen Abständen angepasst und derzeit größtenteils den Anforderungen der EUDR entsprechend verschärft. Aus diesem Grund werden die Zertifizierungen hier nicht im Detail vorgestellt. Folgen Sie stattdessen den Weblinks, um die Anforderungen einer Zertifizierung im Detail einzusehen.

 

Empfehlung

Keine Zertifizierung ersetzt die Sorgfaltspflicht, denn absolute Entwaldungsfreiheit kann damit nicht garantiert werden. Aber strenge Zertifizierungen bieten Unternehmen, insbesondere KMU, die auf eigene Faust aus finanziellen oder Kapazitätsgründen für ihre Lieferkette vorerst keine volle Rückverfolgbarkeit ermöglichen können, einen ersten Schritt hin zur Entwaldungsfreiheit. Langfristig sollten Unternehmen zur Bewältigung des Entwaldungsrisikos jedoch in zusätzliche Ansätze investieren.


Die Rolle von Muli-Stakeholder-Initiativen (MSI) im Engagement gegen Entwaldung

Für viele waldkritischen Rohstoffe haben sich Unternehmen, Nichtregierungsorganisationen und Produzent*innen zu Multi-Stakeholder-Initiativen zusammengeschlossen. Damit gemeint sind Foren oder Runde Tische, in denen für den Anbau und Bezug von einem bestimmten Rohstoff bzw. daraus gewonnener Produkte gemeinsam Lösungsansätze erarbeitet werden, um menschenrechtliche und ökologische Zielsetzungen zu erreichen.

Anders als gesetzliche Regelungen und ähnlich wie Zertifizierungen beruhen sie auf Freiwilligkeit, die Mitgliedschaft ist zumeist kostenpflichtig. Manche MSI entwickeln sogar eigene Zertifizierungen.    

MSI können eine wichtige Plattform bieten, um sich über Herausforderungen für den betreffenden Rohstoff, teilweise auch speziell in bestimmten Risikoregionen, auszutauschen, da dort Wissen gebündelt wird. Mit vereinten Kräften können sich die Mitglieder für eine Verbesserung der Bedingungen oder für ein Rahmenwerk mit gemeinsamen Zielen engagieren. Oft gibt es zudem die Möglichkeit, mit lokalen Produzent*innen in Austausch zu treten und direkt zu erfahren, wie ihnen bei der Erfüllung hoher Anforderungen geholfen werden kann bzw. woran die Umsetzung möglicherweise hakt. Die Einbindung von benachteiligten Gruppen, Kleinbäuer*innen und indigenen bzw. traditionellen Gemeinschaften in die Arbeit von MSI stellt sicher, dass soziale und ökologische Verbesserungen dort ankommen, wo sie angedacht sind.

Es kann sich lohnen, sich über verschiedene Initiativen zu informieren und gegebenenfalls aktiv zu beteiligen. Besonders für kleine und mittlere Unternehmen können sie von Nutzen sein, da sie die sektorale Zusammenarbeit erleichtern. Dennoch sollte einem klar sein, dass das Engagement Kapazitäten bindet, die Lösungsfindung aufgrund der Vielzahl an Mitgliedern und Interessen langwierig ist und die letztendlich beschlossenen Ergebnisse gegebenenfalls nicht dem eigenen Anspruch gerecht werden.

Die Bandbreite von MSI ist groß und auch vielfältig in der Zusammensetzung ihrer Mitglieder wie auch der anvisierten Schwerpunkte. Hier aufgezählt sind die bekanntesten Initiativen, ohne Anspruch auf Vollständigkeit oder Eignung für einzelne Unternehmen:


Nützliche Links: Rinderzeugnisse und Futtermittel

Die Entwaldungsproblematik der Viehzucht kann nicht ohne den Bezug zur Futtermittelproduktion betrachtet werden. Zum einen finanziert der hochprofitable Sojaanbau in einigen Ländern, insb. Brasilien, die Rodungen für die extensive Viehzucht. Das gerodete Land kann, nach der Nutzung als Weidefläche, durch steigende Bodenpreise gewinnbringend für den Sojaanbau verkauft oder verpachtet werden. Für die Viehzucht entwaldete Flächen werden also nach einer Zeit in Sojafelder umgewandelt, so dass für neue Rinderweiden an anderer Stelle gerodet werden muss – ähnliches passiert gebietsweise mit Mais. Zudem werden die Tiere (an vielen Orten und in manchen Lebensphasen sogar ausschließlich) mit soja-, mais- und/oder palmölhaltigen Futtermitteln gemästet. Diese Rohstoffe können, je nach Anbauregion, ebenfalls zu Entwaldung beigetragen haben.

  • Soy and Corn Footprint Calculator: Um die Futtermittelkomponente im Entwaldungsfußabdruck einzubeziehen kann mittels des "Soy and Corn Footprint Calculators“ des Roundtables on Responsible Soy der potentielle Entwaldungsanteil berechnet werden.
  • A Deforestation and Rights Obervatory (Ozinga und May, 2021): Bei einem Warenbezug aus Brasilien als ein Hotspot der Entwaldung für sowohl Rinderzeugnisse (und Soja) sollte besondere Aufmerksamkeit auf die Risikoanalyse gelegt werden. Zahlreiche lesenswerte Studien und Berichte beleuchten Brasiliens besondere Rolle, einige sammeln auch land- und sektorspezifische hilfreiche Hinweise für die Risikoanalyse, wie die von Fern in Auftrag gegebene Studie.
  • Protocolo do Cerrado: Sollten Sie Rinderzeugnisse aus der Cerrado-Region beziehen, bieten Proforest und Imaflora einen Leitfaden für das Lieferantenmonitoring an.

Unterstützung von Kleinproduzent*innen

OroVerde bereitet gerade eine Publikation zur Kooperation mit Kleinproduzent*innen vor. Sobald diese verfügbar ist, wird sie an dieser Stelle hochgeladen. 

§ EUDR - Risikominderung

Im Falle eines festgestellten Risikos sind zusätzliche Schritte erforderlich, um die Risiken zu reduzieren (und ggfs. Schäden zu beheben). In der EUDR gibt Artikel 11 Hinweise auf die erforderlichen Maßnahmen zur Risikominderung.

In erster Linie gehört dazu die Beschaffung zusätzlicher Informationen, Daten oder Dokumente, und, wenn nötig, die Durchführung unabhängiger Erhebungen oder Audits. Als Risikominderungsmaßnahme anerkannt und insgesamt wichtig ist es, die Lieferanten, insbesondere Kleinproduzent*innen, bei der Einhaltung der Verordnung zu unterstützen, z.B. durch den Aufbau von Kapazitäten und Investitionen. 

Unternehmen müssen die Maßnahmen mindestens einmal jährlich überprüfen um nachweisen zu können, wie eine Entscheidung über Maßnahmen zur Risikominderung getroffen wurde. Es sollte insgesamt ein angemessenes und verhältnismäßiges System vorliegen, welches Kontrollen und Verfahren festgelegt, um die Risiken der Nichteinhaltung wirksam zu mindern und zu steuern.

Weitere Informationen finden Sie auf der EUDR-Unterseite.


Zwischenfazit - Aktiv geworden!


Nach der Umsetzung aller auf dieser Seite vorgestellten Maßnahmen sollte dies der Zwischenstand Ihres Unternehmens sein:

  • Sie wissen, welche Risikorohstoffe Ihr Unternehmen woher bezieht, können also Ihre Lieferketten bis zu deren Ursprung rückverfolgen.
  • Sie haben Maßnahmen ergriffen, um die damit verbundenen Entwaldungsrisiken zu beseitigen.Risikoanalysetools helfen Ihnen, mittels Fernerkundung die Produktionsflächen im Blick zu behalten.
  • Sie sind über eine mögilche Präsenz indigener Gemeinschaften im Produktionsgebiet informiert und haben sichergestellt, dass die Nutzung des Gebiets zur Erzeugung des Rohstoffs nicht gegen ihre Rechte verstößt.
  • Sie sind sich über gesetzliche Rahmenbedingungen in den Produktionsländern bewusst und können Illegalität ausschießen.
  • Möglicherweise nutzen Sie Standards mit strengen Anforderungen und/oder beteiligen sich an Multi-Stakeholder-Initiativen. 
  • Sie befinden sich im direkten Austausch mit Ihren Lieferanten und unterstützen diese bei der Erfüllung ihrer Pflichten. Besonders berücksichtigt werden dabei Kleinproduzent*innen. 

Sie haben alle Fragen der Checkliste abgehakt und alle Themen auf dieser und der davorliegenden Seite bearbeitet? Jetzt sollten Sie Ihre Erfolge zeigen

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